Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Karlheinz Pichler · 23. Jul 2017 · Ausstellung

Von der Schwarm-Intelligenz bis zum schwebenden Stein – die Art Bodensee in der neuen Messehalle 11 kommt gut an

Die von Marte.Marte entworfene Messehalle 11 erinnert mit ihren Betonwänden und ihrer pechschwarzen Decke in Form einer Leimbinderkonstruktion architektonisch ein wenig an eine riesige Kunsthalle. Dass hier die ausgestellten Werke deutlich besser zur Geltung kommen als früher, liegt auf der Hand. Das sehen nicht nur die Galeristen so, sondern auch die Besucher der Messe. Die 17. Art Bodensee kommt gut an, auch wenn es trotzdem einiges zu kritisieren gibt.

Auf den Punkt bringt es etwa die Ausstellerin Birgit Fraisl, der die Innsbrucker Galerie Artdepot gehört und die unter anderem den Künstler Jakob Gasteiger vertritt. Sie lobt das neue Ambiente der Messe sowie das großzügige Raumkonzept, das die Ausstellerkojen viel besser zur Geltung kommen lässt als bislang. Und sie ist auch vom Interesse und der Kompetenz der Besucher angetan. Viele seien über die Künstler bestens informiert, so Fraisl. Jetzt müssten nur noch die Verkäufe stimmen, um ein entsprechendes Schlussresümee ziehen zu können. Ähnlich sehen es auch die Vijon Art Gallery aus St. Ulrich im Grödnertal, die zum zweiten Male in Dornbirn zu Gast ist, oder die lokalen Aussteller wie etwa Andrea Romagna-Miessgang von der Harder Galerie.Z, Maximilian Hutz vom gleichnamigen Kunsthandel oder Herbert Alber von der Bregenzer Galerie Art House. Trotz des neuen Messegefühls gibt es aber auch Kritikpunkte. Galerist Alber etwa moniert, wie übrigens etliche andere auch, dass die Preview am Donnerstagabend terminlich mit der Festspiel-Premiere in Bregenz kollidierte. Viele seiner Stammkunden hätten nicht zur Preview kommen können, weil sie längst schon Karten für die Opernaufführung gehabt hätten. Nachdem die Art Bodensee zeitlich eigens wegen möglicher Kooperationen mit den Bregenzer Festspielen von Anfang Juli nach hinten verschoben wurde, hätte man dies berücksichtigen müssen.


Ein anderer Streitpunkt, der vielen Ausstellern offenbar aufgestoßen ist, ist der Internetzugang, für den sie € 75,- zu berappen hatten. In Anbetracht dessen, dass es heute bereits in jedem drittklassigen Hotel Standard ist, kostenloses WLAN zur Verfügung zu stellen, grenzt das Verrechnungsgehabe der Art Bodensee in diesem Fall an Abzockerei. Nachdem Gratisinternet beinahe schon zu den Grund- und Freiheitsrechten zählt, sollten die Art-Bodensee-Verantwortlichen darüber nachdenken, ob sich so ein Neppvorgehen auszahlt. Denn genau solche Sticheleien sind es, die sich in den Köpfen der Kunden einnisten. Und wenn wir schon beim Kritisieren sind: Schade ist auch, dass kein Messekatalog in handlicher Buchform mehr aufliegt, anhand dessen sich die Besucher über die Aussteller und ihre Künstler bequem informieren könnten. Das in Zeitungsform vorliegende dünne Heftchen bietet hier keinen adäquaten Ersatz. Es wird nach dem Messebesuch wohl bei den meisten im Papierkorb landen, während sich die bisher üblichen Kataloge noch immer im Regal präsentieren und immer wieder mal zum Nachschauen und Schmökern animieren.

 

Von solchen Äußerlichkeiten abgesehen, ist die vorherrschende Stimmung aber durchwegs gut. Auch wenn sich die eine oder andere Galerie, wie etwa die Innsbrucker Galerie Johann Widauer, die erlesene Werke etwa von Heimo Zobernig, Peter Kogler oder Heinz Gappmayr präsentiert, mehr Besucher gewünscht hätte. Klar treibt die hochsommerliche Hitze, wie sie etwa am Samstag vorherrschte, die Leute an die Seen und in die Bäder. Aber die wirklich Kunstinteressierten lassen sich deswegen sicher nicht von einem Messebesuch abhalten. Und was letztlich zählt, ist ohnehin die Qualität und nicht die Quantität der Besucher. Etliche Aussteller bestätigten denn auch, dass sie bereits gute Verkäufe tätigen konnten.

 

Dröhnende Motoren und Schwarzspechte

Fulminant und lautstark eingeleitet wurde die 17. Ausgabe der Art Bodensee, die mit 5.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche und 75 ausstellenden Galerien und Institutionen sowie 15 Verlagen, die ihre Druckwerke zur Schau stellen, doch beträchtlich gewachsen ist, am Donnerstagabend mit einer actionreichen Performance des in den USA lebenden österreichischen Künstlers Hubert Dobler. In „Roundabout“, so der Name seiner Darbietung, ließ er zwei Motorräder kreisen und lärmend und rauchend Reifenabdrücke in den Asphalt schreiben.

Zu den visuellen Aufputzen der Messe zählt die Installation „Kritische Masse“ von Steinbrenner/Dempf & Huber im Lounge-Bereich in der Mitte der Messe. Schwarzspechte stecken hier reihenweise mit dem Schnabel nach unten wie Wurfgeschosse im installativ aufbereiteten Sand. Wobei es sich bei den Spechten um vergrößerte Kunststoffnachbildungen von Bälgen handelt, wie man sie aus der Ornithologie her kennt. Das Künstlerkollektiv verweist mit der Installation unter anderem auf die Möglichkeiten der Schwarm-Intelligenz, wie sie etwa bei sogenannten „Critical Mass“-Bewegungen zum Tragen kommt. Die Sonderschau „In Search of the Unexpected“ von Marte.Marte – eine Re-Inszenierung ihres letztjährigen Beitrages an der Architekturbiennale in Venedig, sowie der Tower of Madness von Roland Adlassnigg und Paul Renner zählen zu den weiteren Highlights.

 

Schade ist, dass für das Format „Featured Artist“, für das der zuständige Kurator Harald Gfader dieses Mal Johannes Ludescher ausgesucht hat, keine eigenständige, von den Ausstellungskojen abgekoppelte „Bühne“ mehr vorhanden ist. In früheren Ausgaben der Messe stach der Featured Artist und davor der Rookie of the Art Bodensee beim Betreten der Messe sofort ins Auge. Jetzt muss man ihn zwischen den anderen Ausstellern buchstäblich suchen gehen. Den Künstler selber, der dereinst Malerei und Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste bei den Professoren Josef Mikl und Fritz Wotruba studiert hatte, scheint dies jedoch nicht zu stören. Für ihn ergebe sich aus der Platzierung inmitten der Aussteller eine gute Kommunikationssituation, betont er im Gespräch mit KULTUR. Ludescher hat an seinem „Stand“ eine Installation aus mehreren schwebenden Steinen eingerichtet. Bei diesen Objekten handelt es sich um maßstäblich um ein Vielfaches vergrößerte Steine, die er mit Haselruten als Gerüst, Papier und Aquarell nachgebaut hat. Steine verbinden für Ludescher die Malerei mit der Dreidimensionalität. Der in Zwischenwasser lebende und arbeitende Künstler zeigt des Weiteren auch brandneue Aquarelle die er, mit seiner Staffelei im Wasser griechischer Meere stehend, direkt „plain air“ gemalt hat. Positiv zu vermerken gilt auch, dass Kurator Gfader mit dem 1946 geborenen Johannes Ludescher diesmal ein älteres Semester als Featured Artist ausgewählt hat. Umso mehr, als Ludescher in den letzten Jahren medial nur selten in Erscheinung getreten ist.

Messe mit Charme

Obwohl die Art Bodensee hinsichtlich Ausstellerzahl und Nutzfläche beträchtlich gewachsen ist, will die Projektleiterin Isabella Marte dieses Kunstschaufenster noch immer als Salonmesse verstanden wissen. Wobei sie vor allem auf ein entspannendes Ambiente sowie individuell ausgerichtete Kunstvermittlung setzt. Marte: „Diese Zusammensetzung wissen sowohl Aussteller, als auch Besucher zu schätzen. Kunstgenuss und Kunstvermittlung erhalten bei uns den Raum, den sie benötigen. Die Hektik bleibt draußen!“. Und weiter: „Wir sehen uns als Entdeckermesse und möchten jedem Zugänge zur Kunst-Erkundung bieten. In entspannter Atmosphäre kann Kunst entdeckt, bewundert und gekauft werden.“ Die neue Lounge mit Bar und entsprechenden Sitzgelegenheiten im Zentrum der Messe kommt diesem Anspruch entgegen.

 

 

17. Art Bodensee
21. bis 23. Juli 2017
Messe Dornbirn, Messeplatz 1
6850 Dornbirn (Vorarlberg, AT)
Öffnungszeiten: täglich von 11 bis 19 Uhr
https://artbodensee.messedornbirn.at/