Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Karlheinz Pichler · 30. Jän 2013 · Ausstellung

Radikale Strenge neben verspielter Ironie – Jakob Gasteiger und Markus Hofer in der Dornbirner Galerie c.art

Zwischen dem 1953 in Salzburg geborenen Künstler Jakob Gasteiger und dem aus Haslach in Oberösterreich stammenden „Bildhauer“ Markus Hofer (Jahrgang 1977) liegt nicht nur eine altersmäßige Differenz von fast einem Vierteljahrhundert, sondern auch die Art der Kunstmache könnte unterschiedlicher nicht sein. Dass aber Gegensätze durchaus sehr anziehend sein können, beweist die aktuelle Ausstellung in der Dornbirner Galerie c.art.

Das Nebeneinander der formal an die radikale Malerei erinnernden Werke Gasteigers und den ironisch-skulpturalen „Liquid Drawings“ von Hofer führt zu einem Dialog, der die jeweilige beinharte Stringenz der beiden Positionen auflockert und Einblick in zwei völlig unterschiedliche Kunstauffassungen im direkten Gegenüber ermöglicht.

Struktural-reduzierte Gesten

Gefördert wird diese Art der künstlerischen Korrespondenz durch die räumliche Gliederung der Galerie c.art in fünf offene Halbstöcke. Im Eingangsbereich der Galerie etwa stößt man zunächst auf einen Stuhl von Markus Hofer, von dem die Quersprosse der Rückenlehne künstlich verformt ist. Daneben steht eine Kunststoffrohr-Formation, wobei aus dem einen Ende des Rohres Farbe in das andere Ende des Rohres zu tropfen scheint. Aber dieses Farbgerinne ist eine optische Täuschung. Was zu rinnen scheint, ist in Wirklichkeit eine aus bemalter Spachtelmasse erzeugte feste Skulptur. Genauso wie der Farbtropfen, der aus dem Wasserhahn hängt, der ebenfalls im Eingangsbereich an die Wand geschraubt ist. Ergänzt werden diese Arbeiten Hofers beim Entree durch zwei struktural reduzierte Bilder von Gasteiger.

Gasteiger, der seit nunmehr fast 40 Jahren in Wien lebt und arbeitet, hat insgesamt 16 Bilder und eine Skulptur nach Dornbirn mitgebracht. Er verwendet seit etwa 25 Jahren eine Art großer Kämme, mit Hilfe derer er die dick aufgetragene Farbe auf dem Bildträger verteilt. Wie mit einem Rechen zieht er die Farbe in großzügigen Gesten über das Bild und hinterlässt dabei die für ihn unverkennbaren linearen Strukturen. Der Einsatz solcher Kämme unterstreicht das Prozesshafte im Schaffen Gasteigers. Für ihn ist dies eine Möglichkeit, die Handschrift des Künstlers zu verbergen. Die wiederholte Tätigkeit des Auftragens und Strukturierens des Materials Farbe schafft ein System von Handlungsabläufen, in dem Bilder ohne ikonografischen Anspruch entstehen.

An der Grenze zwischen Malerei und Skulptur

Am meisten beeinflusst – so der Künstler in einem Interview – wurde er von Strömungen wie der „Minimal Art" der 1960er- und der „Radikalen Malerei" der 1980er-Jahre, die sich auf ihre primären und eigenwertigen Grundlagen, wie Fläche, Struktur, Bildträger und vor allem Farbe bezogen. Die c.art zeigt von ihm Bilder mit Acrylfarbe und Farbpigmenten, aber auch einige, die aus Acryl, untermischt mit pulverisiertem Aluminium, Glas, Kupfer und Eisen, bestehen; also Materialien, aus denen üblicherweise Skulpturen gemacht werden und die in der Malerei nicht in dieser Weise zu finden sind. Diese Methodik, „Farbe" aus Material herzustellen, wie es für die Skulptur eingesetzt wird, stellt eine von Gasteigers Strategien dar, die Grenzlinien zwischen Malerei und Skulptur zum Verschwinden zu bringen.

Die beiden größten Arbeiten hängen im obersten Stock. Das eine mit einem Gemisch aus Acrylfarbe und pulverisiertem Aluminium, das andere mit Acryl sowie Eisen- und Kupferpulver „gemalt“. Die monumentale Größe dieser Werke verleiht diesem Raum eine fast sakrale Aura. In diesem Raum steht auf einer Europalette auch die 80 Kilogramm schwere Skulptur „2012.“ von Gasteiger. Wie beim Bleigießen schüttet der Künstler erhitztes Aluminium in kaltes Wasser. Worauf das Material zu einer amorphen Form erstarrt.

Von Green Soup bis zu Liquid Constructions

Markus Hofer, der gerade erst von der Albertina in Wien zu einer Intervention eingeladen wurde, ist mit skulpturalen und installativen Arbeiten bekannt geworden, anhand derer er auf ironisch-augenzwinkernde Art auf Orte, räumliche Situationen, Gegebenheiten und alltägliche Gegenstände reagiert. Von ihm sind in der c.art im Rahmen dieser Ausstellung insgesamt zwölf Objekte zu sehen. Grandios schräg wirken speziell diejenigen Arbeiten, die er direkt in die Architektur des Raumes einbindet. Etwa die „Umgefallene Lackdose“, aus der pinke Farbe zähflüssig über das Gesims zu fließen scheint. Oder der an die Wand montierte Wasserhahn, der den Eindruck vermittelt, als ob türkise Farbe aus ihm herausströmte und sich am Boden zu einem beträchtlichen Farbteich ausdehnte. Dabei ist alles nur Täuschung. Die Skulpturen sind gleichsam potemkinsche Dörfer. Mit alltäglichen Gegenständen, Spachtelmasse, Metall und Lack gaukelt der Künstler etwas vor, was nicht ist.

Die künstlerischen Eingriffe Hofers irritieren und sind oftmals erst auf den zweiten Blick oder bei genauerer Betrachtung als solche zu erkennen. Sie stellen dadurch Bestehendes in Frage. Hofer hackt sozusagen die alltäglichen Wahrnehmungsabläufe. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf das Normale und Alltägliche und lässt die Störung der Sehgewohnheiten auf dem Fuß folgen. „Die Beantwortung der Frage, wie unsere Wahrnehmung unsere Wirklichkeit bestimmt und dadurch zu einer der zentralen Grundlagen unserer Existenz wird, gelingt, indem die naheliegenste Assoziation stets ausgeblendet wird“, beschreibt Simone Traunmüller das Vorgehen Hofers.

Jakob Gasteiger, Markus Hofer
Galerie c.art, Dornbirn
Bis 9.3.2013
Di-Fr 9-12 u. 15-18, Sa 10-12
od. nach tel. Vereinbarung
www.c-art.at