Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Karlheinz Pichler · 24. Jul 2014 · Ausstellung

Mit rassigen Chevrolets, Rock & Pop und heißen Girls symbolisiert Richard Prince im KUB den amerikanischen (Männer)Traum vom freien und unabhängigen Leben

Neben Berufskollegen wie Damian Hirst oder Jeff Koons zählt Richard Prince zu den Topstars der internationalen Kunstszene, deren Werke auf Auktionen immer wieder für Rekordpreise gut sind. Berühmt wurde Prince mit re-fotografierten Werbebildern, aber auch Rockmusik und die Alltagskultur inspirieren den „klauenden“ Künstler. Im Kunsthaus Bregenz (KUB) zeigt der 65-jährige Kunstschaffende unter dem Titel „It’s a Free Concert“ derzeit eine Reihe von Werkgruppen, die er teils eigens für die Schau in der Bodenseestadt produziert hat.

Jeder, oder fast jeder besitzt heute einen Computer. Und für Computer-Anwender gehört das „Copy & paste“ zum Alltag, und damit das Verfahren, das es mit zwei Klicks ermöglicht, Bilder, Texte oder Musik zu „klauen“, zu vervielfältigen und weiterzuschicken. Dieses Prinzip des Aneignens, der „Appropriation“, hat der 1949 in der Panamakanalzone geborene und heute in New York lebende und arbeitenden Künstler schon in den 1970er-Jahren zu seiner künstlerischen Strategie erkoren. In einer Zeit also, als die digitalen Gerätschaften noch weit davon entfernt waren, Einzug in den Lebensalltag zu halten.

Prince arbeitet mit der Re-Fotografie, setzt auf vorgefundene Materialien, auf das Ready Made, verknüpft vermalte Hintergründe mit der Siebdruck-Technik, sammelt alles, was seinem künstlerischen Vorgehen in irgendeiner Weise behilflich sein könnte. Er agiert als Chronist US-amerikanischer Subkulturen und sozialer Milieus und zeichnet deren Rolle bei der Konstruktion einer amerikanischen Identität nach. Da es ihm zuallererst auch um die Pop- und Trash-Kultur geht, differenziert er nicht zwischen E- und U-Kultur. Er liebt auch die Literatur und den Comix, bis hin zum Witz, und verwendet dies auch in seinen Gemälden und Tintenstrahldrucken.

Klischees vom amerikanischen Mythos


Für Noch-KUB-Chef Yilmaz Dziewior greift Prince immer wieder auf Klischees zurück. Das Klischee des amerikanischen Straßenkreuzers etwa, oder das Klischee der Rockerbraut, die Prince mehrfach auf einen Schlitten im ersten Obergeschoss des KUB aufgedruckt hat. Auf Front, Heck, Türen und sogar dem Dach des Schlittens räkeln sich junge Frauen im sexy Outfit, nur mit Bikins oder Netzstrümpfen bekleidet. Es ist eine plakative Arbeit und erzählt von Männerfantasien, Frauenbildern, Begehren und Sehnsüchten und dürfte Feministinnen zur Weißglut bringen. Dziewior: „Diese Bräute, die sich wie eine zweite Haut um den Chevrolet schmiegen - Richard Prince ist sich bewusst, dass es gerade Klischees sind, die den amerikanischen Mythos stark definieren."

Bei den Autos handelt es sich also nicht um irgendwelche Gefährte, sondern es sind sogenannte Muscle-Cars, also Wagen, bei denen es vor lauter Pferdestärken unter der Motorhaube nur so fibriert. Die meisten Karosserien sind in Schwarz gehalten. So schwarz, wie es in amerikanischen Filmen nur die Autos von Outlaws und Rebellen sind. Prince bringt eine Art eines skulpturalen Road-Movies in die Ausstellungsräume, das den amerikanischen Traum von Freiheit und Unabhängigkeit verkündet. Gebrochen wird der Traum durch das Faktum, dass die Geschosse ausgehöhlt, entfunktionalisiert und ohne Räder sinnentleert im Raum stehen.

Die Ikone des amerikanischen Straßenkreuzers, auf die Karosserie oder Teile davon reduziert, schwarz oder bunt bemalt oder bedruckt, mit Sockeln oder skulpturalen Ergänzungen verschmolzen, zieht sich durch alle Stockwerke hindurch. Indem er die Autoarbeiten in der Arena im Erdgeschoss mit Titeln wie „Elvis“ oder „The Doors“ überschreibt, zieht er eine Verbindungslinie zwischen Musik und Straßenkultur.

Kunst ist politisch


Prince, der mit den Mythen der Popkultur jongliert, sagt, dass seine Idee von Kunst politisch sei. Neben dem Auto-Fetischismus greift er auf Soft-Porno genauso zurück wie auf die Protagonisten des Musik-Business, um seine Ideen zu transportieren. Auf Woodstock verweist etwa die Motivserie, mit der Prince die KUB Billboards entlang der Bregenzer Seestraße bestückt hat.

Ein Kennzeichen von Prince ist auch sein Umgang mit sehr unterschiedlichen Medien. So appliziert er etwa via Tintenstrahl-Drucker winzige Sujets auf riesige weiße Leinwände . Oder er nimmt mit einer kleineren Skulptur aus mit Lack bemaltem Aluminium den Begriff "Bootleg" wörtlich, oder er interpretiert den Begriff des gezeichneten Witzes ganz neu: In seinen "Joke Paintings" hat er den Text sexistischer Witze fein säuberlich auf Leinwände übertragen. "My wife. She's a piece of work. She won a trip to Las Vegas for two. She went twice", heißt es da etwa. Im 1. Obergeschoss wiederum blendet ein in knallig orangefarbenem Harz gehaltender Abguss eines aufgeschlitzten LKW-Reifens, der für einen überdimensionalen Blumentopf steht, das Auge.

In der aktuellen Ausstellung gibt es im KUB also viel Spektakuläres zu sehen. Beeindruckend ist dabei vor allem das Zusammenspiel der sehr unterschiedlichen Arbeiten - Wandobjekte, Skulpturen, Collagen oder Ready Mades die zum „Ready Fake“ (Dziewior) werden.

 

Richard Prince: „It’s a Free Concert“
Kunsthaus Bregenz
Bis 5.10.2014
Di-So 10-18, Do 10-21
www.kunsthaus-bregenz.at