Anna Hints‘ preisgekrönter Dokumentarfilm „Smoke Sauna Sisterhood“ ist derzeit in den Vorarlberger Kinos zu sehen.
Karlheinz Pichler · 10. Okt 2017 · Ausstellung

Kleine Veranstalter sind große Gewinner der „Langen Nacht der Museen“

Dass vor allem große Kultureinrichtungen in Ballungszentren im Rahmen der „Langen Nacht der Museen“ besuchermäßig voneinander profitieren können, liegt auf der Hand. Schwerer haben es da die kleinen Veranstalter abseits der großen Routen, wie etwa das Museum für Druckgrafik in Rankweil, das Atelier Artquer in Frastanz/Felsenau oder die Artenne in Nenzing. Da sie auf weiter Flur die einzigen Anbieter sind, kommen zwar weniger Leute, dafür bleiben diese viel länger und setzen sich entsprechend intensiver mit dem Dargebotenen auseinander.

Das Museum für Druckgrafik in Rankweil etwa verzeichnete „nur“ 106 Besucher. Diese kamen aber ausschließlich wegen dieser feinen, kleinen Einrichtung und blieben umso länger. Dafür sorgte etwa der Bregenzer Grafiker Günter Gruber. Er führte in die Welt der Kaltnadelradierung respektive des Tiefdrucks ein. Nicht wenige der Nachschwärmer nutzten die Gelegenheit, selber das Werkzeug in die Hand zu nehmen und unter Anleitung Grubers in Eigenregie eine Druckgrafik zu erstellen. Museumsbetreiber und Künstler Markus Gell, der die Lange Nacht mit der Eröffnung der neuen Ausstellung „Figuren“ einläutete, betont, dass ihm 100 Leute ohnehin lieber seien als 300, denn dann könne er mehr Zeit für den Einzelnen aufbringen. Gleichwohl verweist er auf das Problem, dass zwar durch den Einbezug von an Vorarlberg angrenzenden Städten und Regionen wie Liechtenstein, Lindau, Rorschach usw. das Gesamtpotenzial für die Organisatoren größer werde, dass aber den Veranstaltern im Ländle mögliche Gäste abgezogen werden. Denn so würden beispielsweise viele Liechtensteiner im eigenen Land bleiben, und Vorarlberger, die im Rahmen der Langen Nacht nach Lindau oder sonstwo hinführen, kämen wohl kaum wieder zurück und wären für die Ländleanbieter somit verloren. Beim Museum für Druckgrafik kommt noch hinzu, dass mit dem Schattenburgmuseum, dass dieses Jahr nicht mehr mitmachte, dem Palais Liechtenstein, das wegen Umbauarbeiten geschlossen ist, und der Galerie Feurstein, die die Pforten dicht gemacht hat, Institution in der Nähe ausgefallen seien, die früher wichtige Zubringer waren.

Eintagsmuseum

Ähnliches gilt auch für die Artenne, dem einzigen Kulturbetrieb, der in Nenzing mit von der Partie war. Hier haben die Kunstschaffenden Johanna Reiner, Johannes Hoffmann und Isabel Elinborg Termini vom Eintagsmuseum eigens eine Ausstellung mit Objekten zusammengestellt, die die Bewohner von Nenzing nicht mehr brauchten, hassten oder liebten und für das Eintagsmuseum abtraten. Vom kitschigen Urlaubssouvenier über altes Spielzeug bis zum selbstgebrannten Schnaps war hier alles zu finden. Selbst ein Originalgemälde von Gerold Hirn „entsorgte“ jemand in dieses zeitlich befristete Alltagsmuseum. Neben dieser Ausstellung wurden auch Gegenstände sowie Erzählungen dazu, die in einem Schreibworkshop mit Daniela Egger erarbeitet worden sind, präsentiert. Laut Artenne-Betreiberin Hildegard Schlatter nahmen sich 123 Personen die Zeit, die Artenne zu besuchen. Wobei es zu regen Diskussionen mit den „DirektorInnen“ des Eintagsmuseums gekommen sei, denen es immer wieder gelungen sei, einen emotionalen Zugang zur Bevölkerung zu finden.

So richtig abgegangen ist die Post in der Artquer Ateliergemeinschaft in der Frastanzer Felsenau. Hier brachten das „Hot Blues Project“ (Leonie Walser und Sebastian Lorenz) und gegen Mitternacht dann das Vorarlberger Stimmwunder Alex Suter die Wände der zur Werkstatt umgebauten historischen Rotfärberei mit Groove, Swing und Rock'n'Roll sprichwörtlich zum Fibrieren. Daneben gab es noch Tierobjekte und Zeichnungen der „Outsider“-Künstler WolfGeorg und Uwe Filzmoser zu bestaunen.

Operation am lebenden Bild

Heiß her ging es auch in der Galerie Chybulski Antiquariat, die immerhin von 272 Besuchern frequentiert wurde. Gemäß Inhaber Michael Heinzel herrschte bis 4 Uhr früh Partystimmung mit musikalischer Umrahmung von Miss U & Lady D. Einer der Höhepunkte des Abends war eine Performance von Thomas Rauch, im Rahmen derer er eine „Operation am lebenden Bild“ zum Besten gab.

In Bludenz waren laut Angaben der Stadt rund 200 Kunstbegeisterte auf den Beinen. Im Stadtmuseum etwa gab Werner Hämmerle Einblicke in die Schausammlung, in der Remise entführte Otto Schwald in seinem Vortrag „Bludenz in alten Ansichten“ in vergangene Zeiten und in der Galerie allerArt wartete auf die BesucherInnen die aktuelle Ausstellung von Albrecht Zauner, der vor Ort präsent war. Einen besonderen Schwerpunkt bildete heuer in Bludenz das Thema Bier. Fohrenburg-Braumeister Andrea Rosa erzählte dabei Geschichten rund ums Bierbrauen damals und heute. Zudem wartete auf die BesucherInnen eine Spezialführung durch die Fohrenburg Brauerei inklusive Bierverkostung. Auch für die jungen Kulturinteressierten bot die „Lange Nacht der Museen“ etwas. So konnten die Kinder im Rahmen eines Theaterworkshops ihr eigenes „Museum der persönlichen Dinge“ gestalten.

Ingesamt 22.000 Besucher

Dieses Jahr ging die „Lange Nacht der Museen“ bereits zum 18. Mal über die Bühne. Ingesamt gezählt wurden fast 22.000 Besucher. 75 Museen und Kultureinrichtungen in Vorarlberg, Liechtenstein, der Schweiz und in Lindau nahmen teil. Als populärstes Museum erwies sich dabei das vorarlberg museum mit insgesamt 1.521 Besuchern, 1.450 Kulturbegeisterte suchten das Kunsthaus Bregenz auf, immerhin 887 Gäste zählte die Inatura in Dornbirn. Österreichweit waren es 362.460 Besucher.