Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Karlheinz Pichler · 07. Nov 2014 · Ausstellung

Introspektive Konstellationen – Arno Egger in der Feldkircher Villa Claudia

Im Schaffen des Künstlers Arno Egger spielt die Conditio Humana, also die Bedingungen des Menschseins und die der Natur des Menschen, immer eine gewichtige Rolle. In seiner aktuellen Ausstellung „How deep is your soul“ fordert er die Ausstellungsbesucher gleichsam zu einer Selbstbeobachtung auf.

Nach dem Öffnen der mächtigen Eingangspforte der Villa Claudia sieht sich der Ausstellungsbesucher unmittelbar einer lebensgroßen Figur gegenüber, die formal etwas an die 100 in Stahl gegossenen Männer erinnert, die Anthony Gormley im Arlberggebiet im freien alpinen Gelände aufgestellt hatte. In ihrem angekohlten Zustand scheint die Figur Arno Eggers den Betrachter unmittelbar auf dessen Vergänglichkeit hinzuweisen. Sie steht da wie ein Wächter, wie Hades, der Herr des Totenreiches. Aber man steigt nicht hinunter in die Unterwelt, sondern über den großzügigen Treppenaufgang hinauf in den ersten Stock, wo der eigentliche Ausstellungsrundgang beginnt.

Listen to your heart


Manche/r BesucherIn wird im ersten Raum wohl das Herzflattern bekommen, aus Schreck vor dem echten Herzen, das in einer gläsernen Vitrine pulsiert, auch wenn es sich „nur“ um ein Schweineherz handelt. Es wird mit Eis gekühlt, damit es wenigstens ein bis zwei Tage hält, bevor es erneuert werden muss, und es ist ihm ein kleiner Ballon eingebaut, der von einer Pumpe im ungefähren Rhythmus des Herzschlages aufgepumpt wird. Die Arbeit nennt sich „Listen to your heart“, benannt nach der ersten Zeile eines Gedichtes von Yoko Ono, in dem sie den Menschen zu Mut, Wut, Zusammenhalt und Erhebung auffordert und dazu appeliert, dabei aber immer auf das Herz und das Gefühl zu hören.
Im anschließenden Raum erwarten den Betrachter Selbstbildnisse des Künstlers, die nicht gerade alltäglich sind. Mit Asche als Malmaterial und als Zitat auf die halb verkohlte Figur im Eingangsfoyer der Villa brachte Egger Querschnitte seinen Schädels aufs Papier, für welche Computertomografien den formalen Ausgangspunkt darstellen. Nach dem Motto „Nomen est omen“ heißen diese filetierten respektive scheibchenweise aufgetragenen Selbstporträts „Fragements of self“.

How deep is your soul


Die nächste Installation ist eine Referenz auf das Blut als Substanz, die quasi den Kreislauf Mensch in Betrieb hält. Es ist aber kein echtes Blut, sondern rote Tinte, die der Künstler auf aufgestapelte, großformatige Löschpapiere tropfen ließ. Zu einem erschwinglichen Preis können die signierten und nummerierten Blätter als „Bloody take aways“ mit nach Hause genommen werden.

Im Hauptraum wird der Besucher direkt zur Interaktion aufgefordert. „Wer bist du? Schenke mir drei Minuten und notiere deine Gedanken und Gefühle. Sie sollen Teil eines größeren Spiegelbildes werden“, hat Egger an die Wand geschrieben. In der Mitte des Saales ist eigens eine Vorhangkabine mit Stuhl und Spiegel eingerichtet, in der der Kunstkonsument eine Art Selbstbeobachtung betreiben kann. Denn immerhin kann die Introspektion, also die Betrachtung, Beschreibung und Analyse des eigenen Erlebens und Verhaltens durch nach innen gerichtete Beobachtung, zur Selbsterkenntnis führen. Zumindest scheint dies diese Installation „How deep is your soul“, aus der sich auch der Titel der Ausstellung ableitet, zu versprechen. Den Besucher scheint die Möglichkeit zur Selbstreflexion zu behagen. Fast eine ganze Wand ist bereits voll mit Notaten solcher Introspektionen gefüllt.

Geschlossener Kreislauf


Die letzte installative Arbeit nennt sich „Inner Childhood“ und besteht aus den drei schematischen Holzbüsten „Priestess“ (Priesterin), „Warrior“ (Krieger) und „Dark Crystal“.  Bei letzterer ist an der Stelle, wo üblicherweise ein Ohr sitzt, ein Amethyst eingepflanzt. Ein Kniff, mit dem Egger eine Verbindungslinie zur Kunsttheorie zieht. Egger: „Das Kristalline ist als Kunstsymbol, etwa bei Bruno Taut und Paul Klee, als eine Reflexion des Abstrakten in Kunst und Kunsttheorie der Moderne zu werten.“

Mitunter mutet die Ausstellung von Arno Egge etwas esoterisch oder tiefenpsychologisch an, sie ist aber schlüssig durchkomponiert und dramatisiert. Das Ende, die verkohlte Figur, steht am Beginn der Reise durch die Ausstellung. Nach mehreren Stationen langt der Betrachter bei „Inner Childhood“ an. Der Beginn, die Kindheit, auch wenn es die innere ist, steht am Schluss der Schau. Das Perfide ist nur, dass der Künstler den Besucher ja entlang all des Gesehenen wieder zurückschickt und dieser dann zwangsläufig wieder am symbolischen „Ende“, der verkohlten Figur, anlangt. Es gibt kein Entrinnen.

 

Arno Egger: „How deep is your soul?“
Villa Claudia, Feldkirch
Bis 18.11.2014
Fr 16-18, Sa 15-18, So 10-12 u. 15-18
www.kunstvorarlberg.at