Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Mirjam Steinbock · 22. Dez 2016 · Ausstellung

Handwerk im Farbenreichtum – Im Werkraumhaus Bregenzerwald wird „farb“ auf der großen Palette gemischt

Während einer Jahreszeit, in der die Nächte lang und das Rheintal nicht selten im Nebel eingehüllt sind, kann man im Werkraumhaus vollends in Farberlebnisse eintauchen und ein ausgiebiges Bad in der Vielfalt guten und geschmackvollen Handwerks nehmen. Die Präsentation von Objekten und Exponaten der beteiligten Betriebe ist so sinnlich wie informativ. Darüberhinaus inspiriert sie, selbst Hand anzulegen und bunte Kompositionen mit Stoffen, Blättern und Hölzern zu schaffen.

„Farb“ ist die erste Ausstellung des neuen Geschäftsführers Thomas Geisler, der seit diesem Sommer die Leitung des Hauses übernommen hat. Wer die Chance hat, sich von ihm durch die Ausstellung führen zu lassen, sollte sie ergreifen. Der ehemalige Kurator und Leiter der Sammlung Design am MAK in Wien ist ein hervorragender Erzähler und vermittelt schöne Geschichten zu den beteiligten 40 Handwerksbetrieben. Es gehe nicht darum, tiefgreifende kulturwissenschaftliche Themen aufzuarbeiten, so Geisler. Vielmehr solle sich das Thema, das mit den jeweils an der Sonderausstellung beteiligten Gestaltenden entstehe, in einem Dialog mit den Betrieben vertiefen. Für „Farb“ gestaltete und inszenierte der Vorarlberger Grafiker Roland Stecher ein Konzept, das mit vierzig Räumen in unterschiedlichen Farben angelegt ist. Kuben, die in einem Arrangement aus Stellwänden durch das Zumthor-Haus mäandern und einen Weg durch unterschiedliche Formen von Bregenzerwälder Handwerkskunst beschreiben. Farblich entspricht der Weg dem von Stecher erfundenen Kernfarbensystem, das auf dem physiologischen Farbempfinden des Menschen beruht.

Jimi Hendrix und ein 160 Jahre alter Baumstamm

Die ausgestellten Exponate stehen aussagekräftig wie jede Farbe für sich und weisen die Spannbreite eben jener mittlerweile neunzig Mitgliedsbetriebe auf. Drucksorten von „Super“, dem Büro für Gestaltung findet man genau so wie Kappen der Filzwerkstatt Marianna, und die Werkzeuge und Arbeitskleidung einer Metzgerei hängen in der Nähe eines Highboards aus hellem Vogelaugenahorn. Nie wirkt dies irritierend, eher überraschend. Und zwar insofern als Handwerk hier wertschätzend und mit höchstem Qualitäts- und Gestaltungsanspruch inszeniert wird. Roland Stecher ist Profi seines Fachs und er weiß mit seinen gestalterischen Mitteln zu überzeugen. Inhaltlich war es den Betrieben freigestellt, was sie ausstellen. Manches entstand neu, wie z.B. das übergroße Portrait von Jimi Hendrix, ausgeführt in einer ganz besonderen Wandgestaltung von Michael Fetz. Weitere Eyecatcher: der von Markus Faißt für die Gemeinde Hittisau angefertigte Quadrattisch, der besonderen Glanz durch die mit Pflanzen angefertigte Lampe der Blumenbinderin Heidi Maurer erhält. Oder der von der Werkstatt Schwarzmann ausgehöhlte Baumstamm mit einem stolzen Alter von 160 Jahren. Das gewellte eingebaute Fenster gibt den Blick frei auf seine Jahresringe, die mit geschichtlich bedeutsamen Daten markiert sind.

Zitate aller Beteiligten

Was den Ausstellenden lediglich vorgegeben wurde, war ein Zitat zu verfassen, das mit „farb isch f'r mi...“ beginnt und einen Einblick in die Persönlichkeit des Unternehmens geben soll. Diese sind mal sachlich, mal emotional und sowohl im Dialekt als auch in Schriftdeutsch gehalten.
Marielle Seitz vom Institut für Kreativität und Pädagogik in München verfasste für die Ausstellung dreizehn Farbtexte, die den BesucherInnen weitere Ebenen der Ausstellungswahrnehmung bieten. „Das Publikum soll ein Ausstellungserlebnis haben und nicht das Gefühl, durch ein Möbelhaus zu gehen“, erklärt Thomas Geisler die Zusammenarbeit mit den Beteiligten. Vor allem Kinder erhalten ein reichhaltiges Vermittlungsangebot des Dargebotenen. Verena Dünser leitet die Kinder-Farb-Werkstatt, die sich thematisch an fünf Terminen mit dem Farbmusterbuch, Farbtafeln, Lichtspielen mit Farbe und Raumausstattung beschäftigt.

Werkraum ist immaterielles Kulturerbe

Thomas Geisler, der bisher im urbanen Umfeld tätig war, entschied sich ganz bewusst für den ländlichen Raum als neue Wirkungs- und Arbeitsstätte. „Das Spannende ist, dass es hier durchaus urbane Tendenzen gibt, wie z.B. bei der Gaststätte Jöslar. Die Vorstellung, dass der Bregenzerwald eine engstirnige Talschaft ist, stimmt nicht. Er ist weltoffen, und es gibt Menschen, die bewusst pendeln und wieder etwas hinein bringen.“ Eine prominente Wertschätzung der Plattform für Handwerk gibt es seit 2016 auch: Als immaterielles Kulturerbe ausgezeichnet wurde der Werkraum Bregenzerwald in das internationale Register der UNESCO aufgenommen. Der Geschäftsführer sieht neben der Würdigung gleichzeitig den Auftrag. Punkto Wissensvermittlung und Bildung beschreitet der Werkraum aber ohnehin Pionierpfade. Die Werkraumschule, ein fünfähriges Ausbildungsmodell für SchülerInnen, die hier sowohl einen Lehrabschluss als auch einen Handelsschulabschluss mit Unternehmerprüfung machen können, ist eine Kooperation von Werkraum Bregenzerwald und Wirtschaftsschulen Bezau. Sie startete diesen September erfolgreich und zählt 31 SchülerInnen. Jugendlichen handwerklich Orientierung zu bieten und die Schulzeit dazu zu nutzen, ein Gespür für die Fertigkeiten zu vermitteln, um mit Schulende einen Lehrberuf vor Augen zu haben, sei eines der Ziele des Hybrids, erläutert Geisler.

Nächste Ausstellung

Die nächste Sommerausstellung ist ebenfalls schon in Planung. Eine Art Indoor-Lehrpfad zum Thema Gestaltung nach Vorbildern aus der Natur soll es geben. Bis dahin darf man sich noch den Farben hingeben. Und entdecken, wie diese in Verbindung mit Handwerks-Objekten auf einen selbst wirken.

"Farb" im Werkraumhaus Bregenzerwald, Andelsbuch
noch bis 27. Mai 2017
Di - Sa 10 - 18
www.werkraum.at