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Karlheinz Pichler · 09. Jul 2016 · Ausstellung

Gute Kunst abseits des Mainstreams – 16. Art Bodensee gestartet

Deutlich weniger Besucher kamen dieses Jahr zur Eröffnung der Art Bodensee am Donnerstagabend im Vergleich zur letzten Ausgabe, was wohl damit zu erklären ist, dass ausgerechnet zur selben Zeit das Fußballeuropameisterschaftshalbfinale zwischen Deutschland und Frankreich im Fernsehen übertragen wurde.

Die Organisatoren der Messe wollten dieses Dilemma zwar abfedern, indem sie im Foyer der Messe zu einer Art „Public Viewing“ luden, was aber wiederum etlichen Ausstellern sauer aufstieß. Denn mit Beginn des Spiels waren die Hallen quasi leergefegt und die Aussteller unter sich, kritisierten einige. Auch am Freitag war der Besuch verhalten, doch das nahmen Aussteller wie Eugen Lendl aus Graz eher locker. Der erste Tag nach der Eröffnung sei traditionell schlecht besucht, so Lendl, mit dem Samstag und Sonntag ließe sich dies leicht aufholen. Lendl zeigt übrigens Werke von Bruno Gironcoli, Gerhard Lojen und Loys Egg. Der aus Bern stammende und in Wien lebende und arbeitende Loys Egg war übrigens ein guter Freund des 2010 verstorbenen, grandiosen Gironcolis und ist selbst am Stand von Lendl anwesend, um mit dem Publikum Gespräche zur Kunst zu führen.

Insgesamt zeigen 12 Institutionen und 60 erlesene Galerien aus acht Ländern noch bis Sonntag, was sie an Gegenwartskunst zu bieten haben. Und wenn im vergangenen Jahr die Medien unisono einen deutlichen Anstieg in der Qualität der Aussteller ausgemacht haben, so setzt sich dieser Trend bei der nunmehr 16. Auflage dieser „Salon-Messe“ weiter fort. Die meisten Galerien und Institutionen stammen aus der Vier-Länder-Region Österreich, Deutschland, Schweiz und Liechtenstein, darüber hinaus ist es der Projektleiterin Isabella Marte aber gelungen, auch Aussteller aus Italien, Frankreich und Spanien an die einzige Sommer-Kunstmesse im deutschsprachigen Raum zu holen.

Laut Marte wächst das Interesse der Aussteller und auch der Messebesucher von Jahr zu Jahr. Die Attraktivität des Formates ergebe sich in der Kombination aus Qualität und persönlicher Beratung: „Hier haben die Galeristen die Zeit und den Raum, sich intensiv den Sammlern zu widmen und ihnen die Werke näherzubringen. Zudem bietet die Art Bodensee die Gelegenheit, Kunst abseits des Mainstreams zu entdecken“, so die Art-Bodensee-Chefin.

Die künstlerische Ausrichtung der Art Bodensee liegt wie auch in den früheren Ausgaben schwerpunktmäßig in der zeitgenössischen Kunst. Zu den Galerien, die hier ihre Werke zeigen werden, zählen unter anderen Lindner (Wien), Kunst und Handel (Graz), Werner Bommer (Zürich), Ambacher Contemporary (München) oder Semjon Contemporary (Berlin). Daneben finden sich aber auch vereinzelt Galerien, die Werke der klassischen Moderne anbieten, so wie die Galerie Valentin aus Stuttgart. Aus der Vorarlberger Szene stellen die Galerien Feurstein, Lisi Hämmerle, C.art, Maximilan Hutz, am Hofsteig, Arthouse und Galerie.Z Arbeiten von vorwiegend regionalen Künstlern vor.

Umschlagplatz


Befragt zur Art Bodensee als Umschlagplatz für Kunst, betont Marte, dass die Kaufkraft vor Ort sehr hoch sei. Marte: „Die Art Bodensee ist eine Messe für private Sammler, der Großteil der Sammler kommt aus Baden-Württemberg und der benachbarten Schweiz. Die Vorarlberger kaufen auch, aber nicht so viel wie die Nachbarn. Ein großes Manko für uns ist, dass die Vorarlberger Unternehmen, die zwar international ganz vorne mitspielen, keine Notwendigkeit sehen, Kunst und Kultur zu unterstützen oder zu sammeln. Unternehmen, die sammeln, kann man hierzulande – im Gegensatz zur Schweiz oder zu Baden-Württemberg - an einer Hand abzählen, und bis auf wenige Ausnahmen – z.B. Wilhelm Otten - sammeln sie ausschließlich Vorarlberger KünstlerInnen. Vom globalen Kunstmarkt wird die Art Bodensee nicht durchgerüttelt, die sogenannten 'Blue Chips' der Kunstwelt werden woanders gehandelt.“

Jedenfalls gibt es an der Art Bodensee einen guten Querschnitt an lokaler und internationaler Kunst in den verschiedensten Techniken, von der Installation über die Fotografie bis zur Zeichnung und Malerei, zu entdecken. Auch Budgets jeder Größenordnung werden bedient. Während etwa die Innsbrucker Galerie Rhomberg Siebdrucke von Andy Warhol um 140.000 Euro feilbietet, kann man sich am Stand der Bregenzer Galeristin Lisi Hämmerle ein schräges, „analoges Selfie“ in Snapchat-Manier von Edith Hofer zum Preis von gerade einmal 70 Euro malen lassen. Und am Stand von Kunst-Vorarlberg gibt es sogar Gratiskunst von beispielsweise Edgar Leissing, der von den Besuchern „10-Sekunden-Porträts“ zeichnerisch anfertigt, oder von Ursula Dorigo, die die Fingerabdrücke der Kunstinteressierten zu kleinen, mit Stempel zertifizierten Werken verarbeitet.

Sonderschau über textile Kunst


Natürlich wartet auch die 16. Art Bodensee mit Besonderheiten auf. So wird etwa in der Sonderschau „Schönheit als Notwendigkeit“ textile Kunst thematisiert. Dabei handelt es sich um eine „Pop-up“-Ausstellung der Sammlung Otten, in der Gemaltes in dialogischer Hängung mit alten Textilien zu sehen ist – unter anderem eine Papier-Arbeit von Eduardo Chillida und ein peruanisches Grabtuch aus der Nasca-Periode. Des Weiteren sind auch Werke von Jakob Gasteiger, Helmut Federle und Sean Scully im Dialog mit alten Textilien aus Persien und Peru zu sehen.

Featured artist

Wie jedes Jahr präsentiert die Art Bodensee auch dieses Mal eine/n KünstlerIn in einem Extra-Format. Ausgewählt von Kurator und Künstler Harald Gfader zeigt diesen Sommer die gebürtige Bregenzerin Katherina Olschbaur ihre Werke. Die 1983 geborene Künstlerin studierte an der Universität für angewandte Kunst in Wien und lebt und arbeitet in der Bundeshauptstadt. Die Malerin wurde bereits mit mehreren Auslandsstipendien ausgezeichnet und war schon mehrfach in Galerie-Ausstellungen in europäischen Hauptstädten präsent. Katherina Olschbaur versucht im Rahmen ihrer Arbeit immer wieder, die Konventionen eines gemalten Raums zu unterlaufen. Wer ihre Bilder betrachtet, weiß nie so recht, ob er nun eine Fläche, Linien oder doch einen Raum wahrnimmt. Sie operiert sprichwörtlich mit gemalten Doppeldeutigkeiten.

Die Art Bodensee findet in diesem Jahr übrigens zum letzten Mal in den Hallen 13 und 14 statt. Ab 2017 übersiedelt das Kunstschaufenster in die neue Messehalle 11, die nach Plänen des renommierten Architekturbüros Marte.Marte Architekten errichtet wird.

 

16. Art Bodensee
Messe Dornbirn

Bis 10.7.2016, 
täglich von 11 bis 19 Uhr 

www.artbodensee.info