Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Karlheinz Pichler · 17. Nov 2015 · Ausstellung

Das Kunstmuseum Liechtenstein zeigt den gestickten Kunstkosmos des Ferdinand Nigg

Anlässlich seines 150. Geburtstages zeigt das Kunstmuseum Liechtenstein bis Ende Jänner Werke des aus Vaduz stammenden stickenden Künstlers Ferdinand Nigg. Die Ausstellung präsentiert Nigg vor allem als autarken, eigenwilligen und auch kuriosen Künstler, der als vielleicht wichtigster Beitrag Liechtensteins zur Moderne gilt.

Ferdinand Nigg, der 1865 in Vaduz das Licht der Welt erblickte, war Maler, Grafiker, Textildesigner, Buchgestalter und Typograf. Nach seiner Ausbildung in Zürich sowie Aufenthalten in München und Augsburg ließ er sich als freischaffender Künstler in Berlin nieder. Von hier verschlug es ihn als Professor an die Kunstgewerbe- und Handwerkerschule von Magdeburg. Als Lehrender und Gestaltender wirkte er im Vorfeld des Deutschen Werkbundes an der Schnittstelle von Künstlerentwurf und Industrie. 1912 folgte er dem Ruf an die Kunstgewerbeschule Köln und wurde dort erster Professor für Paramentik, also für Textilien im sakralen Bereich. Parallel dazu entstand ein enormes künstlerisches Werk. Es ist durchdrungen von einer profunden Kenntnis der Stickkunst und geprägt von der frühen Abstraktion, wobei Nigg zu einer ungewöhnlichen Symbiose von Figuration und Abstraktion fand, die sich besonders in biblischen Bildmotiven äußert. In der Art, wie er seine Bildkonzeptionen setzt, wird evident, dass er mit den Vorläufern oder Protagonisten des Jugendstils, der Nabis, der Wiener Werkstätte, des Expressionismus, des Kubismus und des Konstruktivismus in Berührung gekommen sein muss. Wenngleich das Werk Niggs keinem dieser Stile zuzuordnen ist. Es behauptet sich vielmehr durch eine völlige Eigenständigkeit.

Die interessantesten Blumen blühen im Verborgenen


Zeit seines Lebens verweigerte sich der Vaduzer de facto öffentlichen Ausstellungen. So entstand sein gestickter Bildkosmos nahezu im Verborgenen. Aber er wusste um sein Werk Bescheid. So hat er alles aufs Penibelste archiviert und dokumentiert. Nach seiner Pensionierung kehrte der „Meister des Kreuzstiches“ im Jahre 1931 nach Vaduz zurück, wo dann auch sein Spätwerk entstand.

Als "große Überblickschau" bezeichnet das Museum die Nigg-Präsentation. Die Ausstellung hebt eine Facette von Niggs Schaffen hervor, welche den Künstler nicht nur als Professor und als Entwerfer christlicher Stickkompositionen ausweisen, sondern im Wesentlichen als autarken Künstler. Dem Publikum wird das Schaffen von Nigg in drei Museumssälen und in unterschiedlichen Präsentationsformen nähergebracht. Gezeigt werden  Papierarbeiten, textile Werke, Entwürfe und experimentelle Skizzen ebenso wie Auszüge aus seiner Textilsammlung und seinem Bilderarchiv. Nigg hat für sich ein eigenes ornamentales Musterarchiv angelegt. Wenn er etwa in einer Zeitschrift auf nebeneinander liegende Menschenleiber beim Sonnenbaden stieß, oder auf Flugzeugstaffeten, so interessierten ihn diese musterartigen Iterationen im Bild, und er schnitt die Fotos aus und klebte sie eigenhändig auf Kartons. Solche ornamentalen Gebilde aus liegenden Menschen oder Tierschwärmen dienten ihm als Vorstufe, gleich einem Skizzenbuch, und als Studie für seine Werke.

Kuratiert wird die Darbietung des Nigg-Œuvrs übrigens von Christiane Meyer-Stoll in Zusammenarbeit mit Eva Frommelt-Mengou Tata von der Prof. Ferdinand Nigg Stiftung.

Publikation und Briefmarkenbogen


In Ergänzung zur Nigg-Schau sind auch einige ausgewählte Werke aus der hauseigenen Sammlung des Museums zu sehen, die auf zeitgenössische ornamentale Reduktionen zur Figur verweisen, wie sie etwa im Werk von Julian Opie anklingen.

Anlässlich des Nigg-Werküberblicks ist in Kooperation mit der Philatelie Liechtenstein auch ein Briefmarkenbogen nach Werken des Künstlers herausgegeben worden. Zudem erscheint eine Publikation mit Essays zu thematischen Aspekten, Beiträgen zur Stiftungs- und Rezeptionsgeschichte und bisher unveröffentlichtem Archivmaterial. Vorgestellt wird das monografische Werkbuch am Vorabend von Niggs Geburtstag, am 26. November.

 

Ferdinand Nigg (1865-1949)
Gestickte Moderne
Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz
Bis 24.1.2016
Di-So 10-17, Do 10-20
www.kunstmuseum.li