Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Anita Grüneis · 13. Okt 2016 · Ausstellung

Ausstellungen im Kunstmuseum Liechtenstein: Eisiges Märchen und stiller Wandel

Im Kunstmuseum Liechtenstein ist es Herbst geworden. Jedenfalls suggerieren das zwei Ausstellungen im Erdgeschoss. Die eine zeigt Bilder aus den 1950er und 1960er Jahren aus der Sammlung Monauni, die andere großformatige Fotografien aus Liechtenstein von HG Esch mit dem Titel „Beton am Berg“. Bei beiden Ausstellungen herrscht eine sehr gedämpfte Farbigkeit vor, die Fotos zeigen zudem ein vorwiegend winterliches Liechtenstein.

„Sammeln ist eine komplexe Form von Spiel. Nur der spielende Mensch ist wirklich Mensch“, zitierte Kuratorin Christiane Meyer-Stoll in ihrer Rede zur Eröffnung der Ausstellung „Informel“ den Sammler Peter Monauni. Schon als Student in Innsbruck gab er sein ganzes Geld für Kunstwerke aus, die Leidenschaft für das Sammeln ist geblieben. Als er 1962 nach Liechtenstein zog, wandte er sich vermehrt auch der internationalen Kunst zu. Ein Großteil der Sammlung von Veronika und Peter Monauni befindet sich inzwischen als Dauerleihgabe im Kunstmuseum Liechtenstein.

Nach dem Krieg

Bereits vor sieben Jahren wurde eine Ausstellung gezeigt, die vor allem einen Überblick über die Sammlung bot. Die neue Ausstellung konzentriert sich nun auf die Werke aus den 1950er und 1960er Jahren. Die Biografien dieser Künstler waren geprägt vom Krieg, sie alle suchten nach Kriegsende eine neue Kunstsprache, lösten sich vom herkömmlichen Kunstbegriff.  „Informel ist weniger ein Stil als vielmehr eine künstlerische Haltung““, meinte Christiane Meyer-Stoll denn auch und wies darauf hin, dass der Kunstkritiker Michel Tapié den Namen „Art Informel“ für eine Pariser Ausstellung geprägt hatte.

Mitten im Wandel

Die Ausstellung zeigt Bilder der deutschen Maler K.O. Götz,. Carl Buchheister, Gerhard Hoehme, Peter Brüning, Emil Schumacher, Karl Fred Dahmen, K.R.H. Sonderborg, Fred Thieler, Bernhard Schultze, Georges Noel, Hans Hartung, Julius Heinrich Bissier, Fritz Winter, Ernst Wilhelm Nay. Weitere Werke stammen aus Belgien, Österreich und der Schweiz von Henri Michaux, Bram Bogart, Hans Staudacher, Adolf Frohner, Lenz Klotz und Xanti Schawinsky. Es ist eine kleine feine Ausstellung, die zum Flanieren einlädt, mit Bildern, die beim Schauen verwöhnen, die erzählen, was in ihren Schöpfern vor sich gegangen sein mag, die sich nicht aufdrängen und doch auf einen Wandel hinweisen, bei dem die Individualität wieder Raum bekam und das eigene Dasein wichtig wurde.

Alles nur Fassade?

Zur zweiten Ausstellung, „Beton am Berg“ des Architekturfotografen Hans Georg Esch sprach der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar, der mit dem Künstler befreundet ist. „Man betrachtet seine Werke nicht von außen, man bewegt sich in ihnen“, meinte Yogeshwar. HG Esch gehört zu den besten deutschen und weltweit aktiven Architekturfotografen. In den letzten Jahren faszinierten ihn vor allem die Megacities wie Shanghai oder Dubai. Er zeigt sie schemenhaft im Smog wie Endzeiterscheinungen, faszinierend und beklemmend zugleich.  Und nun hat sich HG Esch also das kleine Liechtenstein vorgenommen. Dabei fand er kuriose Zusammenhänge. So zeigt er Fassadenansichten von Bankgebäuden als Mosaik und stellt dieses einem anderen Mosaik gegenüber, in dem Wohnwagen und winzige Holzhäuschen zu sehen sind, die er am Campingplatz Mittagsspitze entdeckte. Es sind Bilder, die schmunzeln lassen, wie auch die eigenwillige Aufnahme des Schaaner Busbahnhofes, bei der die runde Öffnung im Beton zu einem Passepartout wird für den Berg dahinter. „Es erinnert an christliche Ikonografien des jüngsten Gerichts“, meinte Yogeshwar dazu.

Eisiges Liechtenstein

Ansonsten zeigt HG Esch das Land Liechtenstein wie eine kühle Winterschönheit, ein eher eisiges Märchenland mit einigen warmen Licht-Sprenkeln. „Er blickt ungetrübt und frei auf Liechtenstein und konfrontiert uns mit Unverbrauchtem“, meinte Freund Yogeshwar. Der Wissenschaftsjournalist hatte sich auf seinen Auftritt gut vorbereitet und gelesen, wieviel Wasser die Liechtensteiner Bergbahnen letztes Jahr für den künstlichen Schnee gebraucht haben. „522 Liter Wasser pro Skifahrer“, sagte er und fügte hinzu: „Wie lange noch? Ob diese Bilder eine Vorahnung sind?“

„Beton am Berg“, heißt die Ausstellung und für Beton wurde einst mit dem Slogan geworben: „Es kommt darauf an, was man daraus macht.“ HG Esch hat etwas Interessantes und zugleich Schönes daraus gemacht. So hat man Liechtenstein noch nie gesehen. So kalt, so schön, so fern, so nah. Selbst das Schloss Vaduz wird zum „Beton am Berg“. Zu beiden Ausstellungen gibt es umfangreiche Begleitprogramme. Mehr dazu unter www.kunstmuseum.li