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Karlheinz Pichler · 03. Dez 2014 · Ausstellung

2015 dominieren im KUB die Frauen - Yilmaz Dziewior präsentiert das Ausstellungsprogramm des nächsten Jahres

Zwar wechselt Noch-KUB-Direktor Yilmaz Dziewior Anfang 2015 an das Museum Ludwig in Köln, aber er hat noch für das gesamte kommende Jahr das Programm zusammengestellt. Drei der vier Großausstellungen sind dabei Frauenpersönlichkeiten gewidmet: Rosemarie Trockel, Berlinde De Bruyckere sowie Joan Mitchell. Zum Ausklang des Jahres gibt es dann noch eine Werkschau des aus Kärnten stammenden Künstlers Heimo Zobernig zu sehen.

Bei der Programmpräsentation betonte der scheidende KUB-Chef Yilmaz Dziewior, er werde in alle KUB-Ausstellungen des nächsten Jahres "so viel wie möglich involviert sein". Sein Nachfolger Thomas D. Trummer wird ja erst ab Mai für Bregenz verfügbar sein.

Märzoschnee und Wieborweh


Die Auftaktausstellung 2015 wird die 1952 in Schwerte geborene Rosemarie Trockel bestreiten (24. Jänner bis 6. April). Trockel beackert nicht nur das Feld der Malerei, sondern sie setzt sich auch mit elektronischen Medien, dem Körper und gesellschaftlichen Zuständen auseinander. International bekannt geworden ist sie vor über 30 Jahren mit „Gemälden aus Wolle“, die sie mit Hilfe computergestützter Methoden hergestellt hatte. Oder mit Kochplatten-Wandarbeiten, die einen femininen Touch in den männerdominierten Kunstbetrieb brachten, der alles andere als weichgespült ist.

Im vergangenen halben Jahr habe Trockel "intensiv Arbeiten für das Kunsthaus entworfen", erklärte  Dziewior. Im KUB würden sowohl Printarbeiten von ihr zu sehen sein als auch Werke, die sich mit den lokalen Handwerkstechniken des Bregenzerwaldes und nicht zuletzt den traditionellen Trachten und deren besondere Art der Stoffverarbeitung auseinandersetzen. Trockel hat im Vorfeld ihrer Ausstellung den Bregenzerwald ausgiebig bereist und sich intensiv mit Kultur und Leuten beschäftigt. So ist denn auch der Titel zu ihrer Ausstellung im Bregenzerwälder Dialekt gehalten: "Märzoschnee und Wieborweh sand am Moargo niana me" (etwa: "Märzenschnee und Frauenschmerz verschwinden schnell"). Es ist die erste große Einzelausstellung Trockels in Österreich seit 20 Jahren, wie der KUB-Direktor betonte.

Physisches Mitleiden


Existenzielle Gefühle und Themen bestimmen das Schaffen von Berlinde De Bruyckere (*1964), die die KUB-Räumlichkeiten von 18. April bis 5. Juli bespielen wird. Die Empathie, die Fähigkeit zum beinahe physischen Mitleiden durch die bloße Betrachtung der aus Wachs und Epoxidharz bestehenden Werke, vermittelt den Besuchern ihrer Ausstellungen immer wieder eine Vorstellung des am menschlichen Körper ausgetragenen Schmerzes und der Pein. Glichen frühere Arbeiten aus Pferdefellen verstümmelten Kadavern, so stammen neuere, abgegossene und mit groben Nähten zusammengefügte Körperfragmente von Menschen. In den atmosphärisch dichten Installationen und den Skulpturen der Belgierin drängen sich das Kreatürliche und die Endlichkeit des Menschen in den Vordergrund. Wie Trockel wird auch die belgische Künstlerin De Bruyckere eigens für die KUB-Ausstellung neue Werke entwickeln. Im Mittelpunkt aber soll ihre große Biennale-Arbeit von 2013 stehen, die sie für den Pavillon ihres Heimatlandes in Venedig realisierte.

Abstrakter Expressionismus


Von der Ausrichtung her verfolgt das KUB kein museales sondern ein Kunsthallenkonzept und präsentiert in der Regel die Positionen noch lebender Kunstschaffenden. Dziewior-Vorgänger Eckhard Schneider ist davon einmal abgewichen, als er 2005 Roy Lichtenstein in Bregenz zeigte. Auch Dziewior driftet nun sozusagen aus der Spur, indem er die 1992 im Alter von 67 Jahren verstorbene Vertreterin des abstrakten Expressionismus Joan Mitchell in die KUB-Hallen holt.

Mitchell bekannte sich zu den Grundsätzen der gestischen Abstraktion und blieb in dieser Beziehung ihr ganzes Leben lang beständig und kompromisslos. Bekannt von ihr sind etwa Gemälde, in denen farbenfroh, rhythmisch und gleichmäßig gesetzte Pinselstriche mittig in eine konzentrierte, trübe, dunkle Masse übergehen. In einem Interview mit John I. H. Baur sagte sie einmal: „Ich male nach Landschaften aus meiner Erinnerung, die ich bei mir trage - und Gefühlen, die natürlich transformiert werden. Ich könnte die Natur sicher niemals wiedergeben. Lieber male ich, was sie bei mir im Gedächtnis hinterlässt.“

Yilmaz Dziewior zeigt sich vom Bilderkosmos Mitchells, die in der Rezeption bislang sicher unterbewertet wurde, überaus angetan. "Ich verrate zu viel, aber in einem Raum werden lediglich vier Bilder - jeweils zusammengesetzt aus mehreren Paneelen und zum Teil über sieben Meter lang - zu sehen sein", konnte Dziewior seine Vorfreude nicht zurückhalten. Grundsätzlich geplant ist eine Überblicksausstellung (18. Juli bis 25. Oktober) auf allen vier Etagen des Hauses. Dabei werde auch ein umfangreicher Einblick in das Archiv Mitchells gegeben, versprach der KUB-Direktor. Die Besucher könnten die Persönlichkeit der Künstlerin anhand von Fotografien, Briefen und anderen Dokumenten erfahren.

Nüchterne Sichtweisen


Der 1958 im kärnterischen Mauthen geborene und seit Langem in Wien lebende und arbeitende Kunstschaffende Heimo Zobernig probt die „nüchterne, transzendenzlose Sicht auf die Welt“ (Eigenzitat Zobernig). Seine Arbeiten tragen grundsätzlich die Bezeichnung „Ohne Titel“. Zobernig begreift Kunst als ein Kommunikationssystem, in dem es letztlich nicht nur um die Produktion von Werken und letzten Wahrheiten geht, sondern um die gesellschaftlichen Verhältnisse zwischen Menschen und Dingen. Mit einer großen Einzelausstellung Zobernigs (7. November 2015 bis 10. Jänner 2016) beschließt das KUB den Ausstellungsparcour 2015. Eine besondere Rolle werde dabei sein Beitrag für den österreichischen Pavillon auf der Biennale in Venedig 2015 spielen, kündigte Dziewior an, der zum Kurator dieses Pavillons bestellt wurde. Für das Kunsthaus werde er außerdem "die künstlerischen Prämissen des White Cube und der Black Box zusammenbringen". Wie bei Trockel und De Bruyckere werde es Altbekanntes und Neues zu sehen geben.

KUB-Arena


Für die KUB Arena 2015 ist Eva Birkenstock nach Bregenz zurückgekehrt und hat gemeinsam mit Yilmaz Dziewior ein Programm entwickelt, das auch Positionen aus dem New Yorker Kunstfeld einbezieht und darüber hinaus Einblicke in neue Arbeitsweisen bieten will. Konkret werden in der KUB-Arena im Eingangsfoyer im nächsten Jahr parallel zu den Ausstellungen (außer zu Mitchell) Arbeiten von Trix und Robert Haussmann, des Duos Dexter Sinister und von Amy Sillmann gezeigt. Das KUB Sammlungsschaufenster wird noch einmal Per Kirkeby (27. Februar bis 27. September) zum Thema machen.

30 Prozent Eigenfinanzierung


Werner Döring, der Geschäftsführer der Vorarlberger Kulturhäuser, lobte das von Dziewior vorgestellte Programm nicht nur als "großartig", sondern präsentierte auch die Zahlen des aktuellen Jahres. Demzufolge werden bis zum Jahresende rund 50.000 Besucher (2013: 55.000) die Ausstellungen des KUB gesehen haben. Wie schon in den Jahren davor verzeichnete die Sommerausstellung auch 2014 die höchste Besucherquote. Laut KUB-Angaben passierten über 16.000 Leute die Eingangspforte, um die Werke des Amerikaners Richard Prince zu besichtigen. Die erste Ausstellung dieses Jahres (Pascale Martine Tayou: „I love you!“) erwies sich mit über 12.600 Besuchern ebenfalls als Publikumsmagnet.

Was die Einnahmenbilanz anbelangt, so stehen dieses Jahr 2,5 Mio. Euro als Beitrag des Landes  1,1 Mio. Euro an Eigeneinnahmen gegenüber. Döring nannte einen Eigenfinanzierungsanteil von 30 Prozent "keine Selbstverständlichkeit", für Dziewior war das sogar "absolut exzeptionell".