Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Fritz Jurmann · 10. Dez 2014 · Aktuell

Bizets „Carmen“ lässt grüßen – Probeneindrücke verheißen ein stimmstarkes Ensemble und interessante Regieansätze am Landestheater

Seit einer Woche wird auf der Hinterbühne des Festspielhauses für die Opernproduktion dieser Saison am Landestheater geprobt, Georges Bizets blutvolles Musikdrama „Carmen“, wie üblich eine Koproduktion mit dem Symphonieorchester Vorarlberg. Premiere ist am 27. Januar 2015 im Theater am Kornmarkt mit elf Folgeaufführungen. Gestern ermöglichten das Leading Team und die Hauptdarsteller in einer Pressekonferenz mit Probenausschnitten erste Einblicke in diese Produktion.

Mit „Carmen“ hat man eine der bekanntesten und populärsten Opern gewählt, die seit ihrer Uraufführung 1875 in Paris weltweit immer wieder auf den Spielplänen aller großen Opernhäuser steht. Auch die Bregenzer Festspiele planen eine Neuinszenierung dieses Werkes in den Jahren 2017 und 2018 auf der Seebühne. Regie am Landestheater führt so wie in den vergangenen drei Jahren bei „Der Liebestrank“, „La Traviata“ und „Rigoletto“ auch diesmal der Chef persönlich, Alexander Kubelka, der auch das Bühnenbild gestaltet. Dirigiert wird „Carmen“ von Alexander Drcar, der nach Verdis „Rigoletto“ im Vorjahr zum zweiten Mal hier die musikalische Leitung einer Opernproduktion übernommen hat.

Auch Rassenprobleme thematisieren


Kubelka erinnert zu Beginn an die Uraufführung des heiklen Stoffes: „Es war damals ungewöhnlich, eine Roma- oder Sintiperson ins Zentrum zu stellen, viele empfanden das als Provokation, deshalb war auch die Premiere nicht sonderlich erfolgreich. Auch wir wollen diese Dinge heute natürlich thematisieren, die Welt der Schmuggler, die Grenzüberschreitung, und so kamen wir auf die Idee, die Handlung an einem der vielen Grenzwälle dieser Welt anzusiedeln wie Israel/Palästina oder Nordkorea/Südkorea. Das könnte aber überall spielen.“

Carmen sei als Figur eine Grenzgängerin, so Alexander Kubelka weiter, sie durchbreche Grenzen, akzeptiere dort keine Systeme – eine sehr kräftige, stark freiheitsliebende, wundervolle Person, die für starke Emanzipation und auch Sexualität stehe. „Ihre Gegenüber sind Escamillo, der männliche Part, der ebenso wild und kräftig ist, und ein Soldat, Don José, der das System vertritt. Daraus  entwickelt sich eine katastrophale Liebesgeschichte, in der Carmen in meiner Interpretation ihr Leben gibt für die Idee der Freiheit in der Liebe. Andererseits trifft sie auch auf die Welt der Micaela, die die Ordnung, die Klarheit, das System vertritt. Also wir haben hier unglaublich starke Welten, die da in ihren jeweiligen Lebens- und Liebeskonzeptionen aufeinandertreffen.“

Originalfassung mit Dialogen


Dirigent Alexander Drcar erläutert: „‘Carmen‘ gehört trotz ihres tödlichen Handlungsausganges zu der im 19. Jahrhundert sehr beliebten Gattung der ‚Opéra-Comique‘, doch ein Stoff wie dieser hat wohl damals für das Publikum die Grenzen dieses eher leichten Genres gesprengt. Das hatte sicher nichts mit der Qualität des Werkes zu tun, die über alle Zweifel erhaben ist, denn nach einer Überarbeitung durch Bizets Schüler hat die Oper ihren Siegeszug um die Welt angetreten.

Wir spielen die Originalfassung mit Dialogen in mehreren Sprachen, was eher ungewöhnlich ist in der in der französischen Originalsprache gesungenen, stark realistisch geprägten Oper. Auch die Musik bedient sich mit viel spanischer Folklore realistischer Mittel, um diese Handlung zu transportieren. Und so und nicht historisch wollen auch wir dieses Stück heute sehen.“

Starke internationale Besetzung


Das Casting erfolgte in einer ausführlichen Audition unter internationaler Beteiligung. Für die Titelpartie konnte die renommierte Mezzosopranistin Nadine Weissmann gewonnen werden, die seit 2013 in dem von Frank Castorf inszenierten und von Kirill Petrenko dirigierten „Ring des Nibelungen“ bei den Bayreuther Festspielen als Erda und Schwertleite zu erleben ist. Die Rolle des Don José wird der britisch-italienische Tenor Adriano Graziani übernehmen, als Escamillo wurde der anglo-französische Bariton Charles Rice verpflichtet, Micaela ist die junge Wiener Sopranistin Mara Mastalir, seit 2008 Ensemblemitglied der Wiener Volksoper. Die Sänger aller vier Hauptpartien stehen erstmals auf der Bühne des Landestheaters. Bei der Pressekonferenz geben sie szenisch noch unfertige, doch stimmlich und darstellerisch bereits sehr überzeugende Proben ihres Könnens.

Wie üblich werden auch heimische Künstler das Ensemble bereichern, in erster Linie das Symphonieorchester Vorarlberg, das diese jährliche Aufgabe einer großen Opernproduktion stets als besondere Herausforderung betrachtet. In kleineren Partien wirken auch der Bass Johannes Schwendinger und die Sopranistin Susanne Grosssteiner mit, die man in der „Zauberflöte“ auf der Seebühne als Papagena erlebt hat, weiters der Bregenzer Festspielchor, Einstudierung Benjamin Lack, und der Chor der Musikmittelschule Bregenz-Stadt, Einstudierung Wolfgang Schwendinger.

 

„Carmen“, Oper von Georges Bizet
Kooperation des Vorarlberger Landestheaters mit dem Symphonieorchester Vorarlberg
Premiere: Di, 27. Jänner 2015, 19.30 Uhr, Theater am Kornmarkt
Weitere Vorstellungen: 29.1., 31.1., 2.2., 4.2., 6.2., 15.2., 22.2., 3.3. – jeweils 19.30 Uhr, sowie 8.2. und 1.3. – jeweils 16.00 Uhr
Karten unter 0 55 74 / 42 870-600 oder ticket@landestheater.org